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Bei Genossenschaften geht es ums Miteinander

Wieso arbeiten wir gerne für Unternehmen mit einem Zweck und was haben Genossenschaften damit zu tun?

Was verbindet den Zürcher Veloblitz mit der fenaco Genossenschaft? Antworten geben Katrin Emmenegger, Leiterin Recht und Compliance bei der fenaco, Simon Durscher, Geschäftsführer beim Veloblitz, und Henrik Schoop, Geschäftsführer der Idée Coopérative.

Viele wissen nicht, was hinter dem Begriff «Genossenschaften» steckt…

Katrin Emmenegger, fenaco: Die Genossenschaft ist ja zunächst eine Gesellschaftsform. Sie zeichnet sich durch eine starke Wertorientierung aus. Die Zusammenarbeit in Genossenschaften basiert auf Eigeninitiative, Selbstverantwortung und langfristigem Denken. Die Leute diskutieren mehr und hören ein­ander mehr zu. Man spürt das Miteinander.

Simon Durscher, Veloblitz: Ausserdem setzen sich Genossenschaften in erster Linie für eine Idee ein. Das Engagement der Mitarbeitenden ist dadurch deutlich höher, da sie für ein sinnstiftendes Ziel arbeiten und nicht – etwas vereinfacht gesagt – für die Tasche eines Patrons. Das wird dann bei uns in einem offenen und schon fast familiären Klima spürbar.

Katrin Emmenegger, Leiterin Recht und Compliance bei der fenaco
« Wir richten unsere Tätigkeit nach dem Mitgliedernutzen aus.
»

Sprechen wir über den Sinn und Zweck eurer Genossenschaften. Wie wichtig ist er für euch?

Katrin Emmenegger: Die fenaco richtet ihre Tätigkeit nach dem Mitgliedernutzen aus und kommuniziert das immer wieder intern wie extern. Konkret: Wir unterstützen die Landwirtinnen und Landwirte bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Unternehmen – in enger Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern, den LANDI. Wir richten unser Handeln und unsere Entscheidungen also nicht nur nach der Rentabilität, sondern auch nach dem Nutzen für die Bäuerinnen und Bauern aus. Das heisst auch, dass wir uns für eine nachhaltig produzierende, ressourcenschonende Landwirtschaft einsetzen. Dazu gehört es zum Beispiel, Innovationen im Pflanzenschutz schnell auf die Schweizer Felder zu bringen.

Simon Durscher: Wir vom Veloblitz setzen uns für eine nachhaltige Güterversorgung in den Städten ein. Weniger Verkehr, weniger Emissionen, mehr Lebensraum. Wir wollen aber auch sichere und fair bezahlte Arbeitsplätze in einer sehr umkämpften Branche anbieten und damit unsere gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen. Unser Auftritt als Genossenschaft hilft uns dabei: Die Mitarbeitenden sind engagierter und loyaler. Viele hier arbeiten für den Veloblitz, weil wir eine Genossenschaft sind und genossenschaftlich zusammenhalten. Und viele unserer Kundinnen und Kunden kennen unsere Haltung und unterstützen sie gerne.

Simon Durscher, Geschäftsführer beim Veloblitz
« Viele hier arbeiten für den Veloblitz, weil wir eine Genossenschaft sind. »

Ihr arbeitet ja für ganz unterschiedliche Genossenschaften. Gibt es Gemeinsamkeiten?

Katrin Emmenegger: Die Wertorientierung spielt bei uns beiden eine Rolle und auch der Dialog ist bei beiden Gesellschaften zentral. Zudem sind der Veloblitz und die fenaco überzeugte Mitglieder der Idée Coopérative. Wir machen uns beide für den genossenschaftlichen Gedanken stark.

Henrik Schoop, Idée Coopérative: Den Aspekt der «Selbsthilfe» sehe ich bei der fenaco und dem Veloblitz als ganz wichtig. Bei der fenaco ging es vor über hundert Jahren um die Selbsthilfe von Landwirtinnen und Landwirten gegenüber Lieferanten und Abnehmern. Der Veloblitz wurde gegründet, um eigenständig arbeitende Velokuriere zu unterstützen und Aufträge für sie reinzuholen. Und bei der Idée Coopérative – wir sind ja auch genossenschaftlich organisiert – helfen wir den Mitgliedern, ihre Vorteile als Genossenschaften besser auszuspielen.

Die Mitbestimmung der Mitglieder spielt bei Genossenschaften eine wichtige Rolle. Wie wird das bei euch gelebt?

Simon Durscher: Wir kennen natürlich die Generalversammlung, wo jedes Mitglied mit einer Stimme zählt. Und an unseren Belegschaftssitzungen können unsere Mitarbeitenden, die zu einem grossen Teil auch unsere Genossenschafter sind, Anträge bei der Geschäftsleitung stellen. Kürzlich ging es da etwa um den Inflationsausgleich beim Lohn. Und als Geschäftsleitung führen wir kooperativ und kommunizieren transparent.

Katrin Emmenegger: Die transparente, klare und offene Kommunikation ist wichtig. Bei der fenaco sind wir im ständigen Dialog mit unseren Mitgliedern. Schliesslich sind sie gleich­zeitig unsere Lieferantinnen und Kunden. Da wird auch mal heftig debattiert. Aber es geht immer darum, gemeinsam konkrete Lösungen zu finden, die langfristig Bestand haben.

Henrik Schoop: Die Mitwirkung der Mitglieder ist für alle Genossenschaften wichtig. Die Entscheidungsprozesse mögen länger dauern, aber sie sind dann breiter akzeptiert und führen zu besseren Lösungen. Dazu passt, dass die Genossenschaften gegenüber anderen Gesellschaftsformen die tiefste Konkurs­rate haben.

Wie geht es weiter mit den Genossenschaften? Sind sie fit für die Zukunft?

Henrik Schoop: Die Genossenschaft hat Zukunft, ganz klar. In der Schweiz gibt es etwa 8300 Genossenschaften, letztes Jahr wurden über hundert Neugründungen registriert. Aber es mangelt noch an Wissen über diese Gesellschaftsform und wie sie gegründet werden kann. Das wollen wir angehen.

Henrik Schoop, Geschäftsführer der Idée Coopérative
« Die Genossenschaft hat Zukunft, ganz klar. »

Simon Durscher: Die Genossenschaft ist und bleibt modern. Mit einer klaren Ausrichtung auf unseren «Purpose» halten wir Mitarbeitende und Kunden bei der Stange. Auch in wechselhaften Zeiten.

Katrin Emmenegger: Die demokratischen Strukturen und die Wertorientierung der Genossenschaften sind heute und in Zukunft gefragter denn je.

Idée Coopérative

Die fenaco gründete 2019 die Idée Coopérative zusammen mit sechs anderen Genossenschaften. Katrin Emmenegger ist Vizepräsidentin des Verwaltungsrates und Henrik Schoop ist Geschäftsführer. Die Idée Coopérative ist genossenschaftlich organisiert und will die Genossenschaften und das kooperative Unternehmertum in der Schweiz stärken. Sie zählt zurzeit 112 Mitglieder, neben der fenaco und dem Veloblitz etwa Coop, Migros, Mobility, Raiffeisen und Reka. Die zehn grössten Genossenschaften der Schweiz, dazu gehört auch die fenaco, generieren zusammen 11 Prozent des Bruttoinlandprodukts.

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